Kämpfe an den Unis und Schulen: Die JUSO in der Pflicht!

06.02.2018

Schweizweit flackerte in den vergangenen Monaten Widerstand auf gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Die JUSO Stadt Bern weiss, dass diese Angriffe einer kapitalistischen Logik entspringen: Auf dem Rücken der Schwächsten wird abgebaut, um die Profite der Reichsten zu sichern. Diese Bewegungen haben wir zu wenig aktiv unterstützt - das darf uns nicht wieder passieren. Deshalb stellen wir Forderungen an die JUSO Schweiz, wie das Engagement unserer Partei aussehen sollte.
Schweizweit finden Angriffe auf die Studierenden und die Bildung im Allgemeinen statt. In Fribourg, Lausanne, Zürich und Basel sind Erhöhungen der Studiengebühren geplant oder teilweise bereits beschlossene Sache, in Genf konnte dies letzten Winter durch einen Teilsieg aufgeschoben werden und in Luzern werden SchülerInnen zu Zwangsferien verdonnert. In gewissen Fällen nehmen diese Massnahmen einen spaltenden Charakter an, nämlich dann wenn der Plan vorsieht, die Gebühren nur für ausländische Studierende zu erhöhen. An allen Ecken und Enden soll gespart werden, bezahlen müssen es die, bei denen es sowieso schon mangelt. Gleichzeitig sollen aber die Steuern für Unternehmen und Vermögende weiter gesenkt werden. Die Kapitalist*innenklasse benutzt ihre Handlanger in den Parlamenten, um ihre Profite auf unsere Kosten zu sichern. Dagegen wehren wir uns!
Rolle der JUSO Schweiz
In den vergangenen Jahren hat die JUSO Schweiz bereits zahlreiche Positionspapiere und Resolutionen zum Thema Sozialabbau und spezifisch Bildungsabbau verfasst. Wir haben uns mehrfach gegen Erhöhungen und sogar für die Abschaffung der Studiengebühren und eine kostenlose Bildung ausgesprochen. Auch heute muss die JUSO Schweiz sich auf die Seite der Studierenden schlagen - allerdings nicht nur in der Theorie, sondern eben auch in der Praxis! In den Kämpfen in Genf, Fribourg, Basel und Zürich, bei den Schüler*innenprostesten spielt und spielte die JUSO Schweiz und die jeweiligen Juso-Sektionen nur eine untergeordnete respektive gar keine Rolle. Diese Tatsache muss uns Sorgen bereiten!
Als Jungsozialist*innen kämpfen wir zwar an unterschiedlichen Fronten, doch immer mit einem Ziel vor Augen - dem Bruch mit diesem ausbeuterischen System. Um die verschiedenen Kämpfe durch unsere Partei zusammenzuführen, ist es für uns von enormer Bedeutung am Bewusstsein und an den aktuellen Kämpfen anzuknüpfen. Denn in genau solchen Situationen, wenn die Menschen vom Kapitalismus in ihren Lebensbedingungen angegriffen werden, beginnen sie, das System in Frage zu stellen. Sie sind nun offen für neue Ideen, für sozialistische Antworten als Ausweg aus der Krise. Deshalb: Wenn sich solche “spontanen” Widerstände bilden, müssen wir vor Ort sein und intervenieren. In der Studierendenbewegung liegt zurzeit ein riesiges Potenzial für unsere Partei, sich klar zu positionieren und den Menschen aufzuzeigen, wofür wir kämpfen und sie damit von der Notwendigkeit des Sozialismus zu überzeugen. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen!
Die JUSO Schweiz steht daher in der Pflicht in den Kampf gegen die Sparmassnahmen einzugreifen. Sie ist die einzige linke Kraft, die über das notwendige Netzwerk und die notwendigen Erfahrungen verfügt, aktiv in diese Kämpfe zu intervenieren und sie zu koordinieren. Sie verfügt über Sektionen in allen Uni-Städten, besitzt starke nationale wie auch regionale Strukturen und zählt viele Studierende, Schüler*innen und Lehrlinge in ihren Reihen – Menschen also, die jetzt die bürgerlichen Angriffe zu spüren bekommen und die durch einen gemeinsamen Kampf zusammengeführt werden müssen. Die Vernetzung der JUSO, ihre aktive Basis, ihre theoretischen und praktischen Erfahrungen in Widerstand und Kämpfen, nimmt sie in die Verantwortung, in diesen Prozessen eine führende Rolle einzunehmen. Sie ist als einzige Partei in der Lage, konkreten Widerstand zu organisieren. Nur muss dieses Potential auch genutzt werden!
Was tun?
Wir fordern deshalb, dass die JUSO Schweiz sich aktiv an den verschiedenen Kämpfen an den Schweizer Universitäten beteiligt, die scheinbar isolierten Kämpfe zusammenführt und schlagkräftigen Widerstand nachhaltig aufbaut. Im Aktionsprogramm von 2014 heisst es “... in [...] Student_innenvertretungen, [...] hier findet tagtäglich Politik statt, hier müssen wir präsent sein und uns organisieren...” und weiter “Wir bekämpfen sämtliche Sparmassnahmen und jede Gebühr im Bereich der Bildung. Wir unterstützen aktiv alle Bestrebungen, Schüler_innen- und Student_innenkomitees zu bilden und setzen sich für deren Mitbestimmung an Schulen und Universitäten ein”. Diesen Worten müssen wir nun auch Taten folgen lassen. Gerade bei den Schüler*innenproteste zu “KeLoscht” wurde dabei eine wichtige Möglichkeit verpasst, gezielt zu intervenieren und die Proteste auszuweiten. Dieser Fehler darf uns nicht noch einmal unterlaufen.
Dazu können wir aus dem erfolgreichen Kampf der Studierenden in Genf einige wichtige Lektionen ziehen und diese Erfahrungen ausweiten. Budgetdebatten müssen aktiv verfolgt und regelmässiger Kontakt mit den Studierenden-Organisationen hergestellt werden. In scheinbar ruhigen Zeiten ist es unabdingbar, regelmässig Bildungsveranstaltungen zu den entsprechenden Themen (Austerität, Krise, Budgets, Studierendenbewegungen und -kämpfe, etc.) zu organisieren. Wenn dann Konflikte ausbrechen, ist bereits eine gewisse Basis vorhanden. Mit diesem Bewusstsein für die Bedeutung der Widerstände gegen Sparmassnahmen können wir nun aktiv intervenieren.
Wir müssen dann umgehend die Studierenden-Gewerkschaften und Dachorganisationen dazu auffordern, eine Vollversammlung einzuberufen und grossflächig dafür zu mobilisieren. Wenn diese nicht gewillt oder in der Lage sind dies zu tun, muss die JUSO-Sektion vor Ort diese wichtige Aufgabe selbst übernehmen!
Vollversammlungen: Unsere demokratischen Strukturen!
Diese Vollversammlungen (VV) sind zentrale Elemente der gelebten Demokratie einer solchen Situation. Allerdings müssen sie bewusst aufgebaut werden: Die aktuellen Kämpfe zeigen, dass die bestehenden Einrichtungen (Uni-Parlamente, Schüler*innenvertretungen, etc.) in diesen Momenten oft blockiert sind. Dies kann mit ihrem bürokratischen Aufbau, mangelndem Bewusstsein für demokratische Strukturen oder teilweise gar bürgerlicher Ausrichtung erklärt werden. Daher sind sie nicht in der Lage, auf die Herausforderungen zu reagieren. Wir müssen also dringend eigene demokratische Strukturen aufbauen! Nur Vollversammlungen sind zugleich schlagkräftig, demokratisch und flexibel. Nur in demokratischen Vollversammlungen können sich alle Studierenden und Lernende einbringen und Teil der Bewegung werden. Nur so schaffen wir eine Einheit, die es uns ermöglicht, den nötigen Druck auf die Bürgerlichen aufzubauen.

  1. Beim Aufbau dieser Vollversammlungen müssen fünf Punkte beachtet werden:
    Es müssen Strukturen geschaffen werden, die einen demokratischen Ablauf der VV garantieren. Dazu gehören frühzeitig bekannte Traktanden, eine gewählte Sitzungsleitung und eine vernünftige Zeitplanung.

  2. Die gemeinsame Analyse der Situation: Was passiert momentan eigentlich genau und wieso?

  3. Gemeinsame Zielsetzung: Was wollen wir, was sind unsere Forderungen?

  4. In der Folge muss ein Komitee gewählt werden, welches die Vollversammlung in der Zeit, in welcher sie nicht tagt, vertritt. Dieses formuliert die gefassten Forderungen aus, organisiert und mobilisiert für die nächste VV und schuldet der VV stets Rechenschaft. Dieses Komitee darf keine Entscheide fällen, bevor diese nicht von der VV abgesegnet wurden. Dies ist die demokratischste aller möglichen Formen.

  5. Beschlüsse müssen demokratisch gefasst werden und den Institutionen (Rektorat, Uni-Parlament, usw.) im Namen der der Studierenden-Vollversammlung übergeben werden. Wenn diese sich weigern, die Forderungen der VV zu unterstützen, müssen daraus die Konsequenzen gezogen werden und es darf kein Vertrauen mehr in die alten Institutionen gesetzt werden. Wir müssen dann die Proteste ausweiten und in der VV die Organisierung von grossen Demos und Streiks fordern.

Wenn die Kämpfe (hoffentlich erfolgreich) abgeschlossen sind, ist es die Arbeit der JUSO noch lange nicht. Die Aufgabe der JUSO ist es eine Analyse zu erarbeiten, die alle wichtigen Schritte und Beschlüsse genau unter die Lupe nimmt – denn eine saubere Aufarbeitung ist genauso wichtig, wie die Kämpfe selbst. Aus diesen Erfahrungen lernen wir und entwickeln wir uns weiter. Die ausgearbeitete Analyse muss der Bewegung dann vorgelegt und demokratisch abgesegnet – oder abgelehnt – werden. Bei einer Annahme, muss diese so weit wie möglich verbreitet werden.
Die JUSO Schweiz muss aktiv werden!
Aus all diesen Gründen, fordern wir, dass die JUSO Schweiz umgehend aktiv wird und konkret in die Studierenden- und Schüler*innenbewegungen interveniert. Dazu muss:

  • in der Geschäftsleitung eine Verantwortlichkeit Studierende- und Schüler*innenbewegungen geschaffen werden. Dieses GL-Mitglied muss mit den betroffenen Sektionen in ständigem Kontakt stehen und mithelfen, deren Aktionen zu koordinieren.

  • Innerhalb der betroffenen Sektionen müssen eine oder mehrere Personen die Verantwortung übernehmen und mit der GL-Person in Kontakt zu stehen. Sollte bei den betroffenen Sektionen ein Ressourcenmangel bestehen, muss die GL dort helfend einspringen.

  • So schaffen wir eine Vernetzung auf nationaler Ebene der Arbeit an den Unis und den Schulen. Die Aufgabe dieses Netzwerks muss unter anderem sein, die Aktionen zu koordinieren, sich gegenseitig zu unterstützen, die gemachten Erfahrungen zu teilen, aktiv an der Gründung von lokalen Studierendengruppen mitzuarbeiten, für die Versammlungen zu mobilisieren und im Notfall auch Demos und Streiks, allenfalls auch auf nationaler Ebene, auszurufen.

  • Diese Koordinationsgruppe, respektive das Mitglied der Geschäftsleitung, soll bis auf unbestimmte Zeit regelmässig die DV über die Geschehnisse informieren.

Die Proteste ausweiten
Als Sozialist*innen sind wir uns bewusst, egal wie das bürgerliche Parlament seine Abbauvorlagen verpackt, dass solche Angriffe in Form von Abbaumassnahmen keine isolierten Fälle, sondern im grösseren Zusammenhang des kapitalistischen Systems stehen. Der Kapitalismus in der Krise ist gezwungen, die Arbeiter*innenklasse, allen voran die Jugend, direkt anzugreifen, um ihre immer knapper werdenden Profite zu sichern. Über Jahrzehnte konnten die Besitzenden Steuersenkungen für ihre Klasse durchsetzen in dem sie (im Optimalfall) geringfügige Zugeständnisse an die Arbeiter*innen machten – die aber im Falle einer Krise sogleich wieder zunichte gemacht werden.
Uns ist klar: Der Kampf gegen die Sparmassnahmen sind nur mit dem gleichzeitigen Kampf gegen den Kapitalismus zu führen! Wir verteidigen nicht den “Bildungsstandort Schweiz”, der im Interesse des Kapitals funktioniert, sondern wir verteidigen das Interesse der Lohnabhängigen und der Jugend nach kostenloser und qualitativ guter Bildung. Eine wirklich demokratische, für alle zugängliche und nicht nach Profitinteressen organisierte Bildung kann allerdings nur in einer sozialistischen Gesellschaft existieren - der Kampf für gute und frei zugängliche Bildung ist also direkt mit dem Kampf für den Sozialismus verbunden! Aus diesem Grund müssen sich die Bewegungen an den Schulen und Universitäten radikalisieren und weitergetrieben werden. Die JUSO muss also gezielt Forderungen stellen, die den Bruch mit dem System anvisieren. In der Resolution AMDS von 1917 “Wir Jusos wollen die Proteste ausweiten: Bildungspolitik endet nicht beim Ausgang der Aula.” Mit welchen Forderungen können wir nun die “Proteste ausweiten”?

  • Nein zu Studiengebühren! Kostenlose Bildung für alle!

  • Gegen die Prekarisierung der Studierenden! Für Stipendien, von denen man leben kann!

  • Gegen jegliche Sparmassnahmen in der Bildung! Für die Rücknahme aller Einsparungen bei den Schulen und Universitäten! Die Reichen sollen bezahlen!

  • Nein zum Konkurrenzkampf zwischen den Universitäten! Für einheitliche Volksschulen und -universitäten!

  • Gegen die Ökonomisierung der Bildung! Für eine demokratische Verwaltung aller Bildungseinrichtungen durch Studierende und Lernende!

  • Für die Vergesellschaftung aller Unternehmen, welche Lehrstühle und Lehrgänge finanzieren!

  • Gegen den Kapitalismus! Wir bezahlen eure Krise nicht!

  • Die Schweizer Jugend hasst Sozialabbau! Die ganze Welt hasst Sozialabbau!

Uns ist klar, dass wir momentan mit der 99%-Initiative ein grosses Projekt am Laufen haben, welches viele Ressourcen beansprucht. Doch als Jungsozialist*innen ist es unsere Pflicht, in laufende Kämpfe aktiv zu intervenieren und die 99% bei diesen Kämpfen eben auch zu unterstützen. Die Studierendenbewegungen, die sich momentan im Entstehen befinden, sind eine gewaltige Möglichkeit, direkt am Bewusstsein der Massen anzuknüpfen und die Notwendigkeit des Sozialismus aufzuzeigen. Wir dürfen diese Möglichkeit nicht verstreichen lassen und müssen uns auf die Seite der kämpfenden Studierenden schlagen!
Verabschiedet von der Vollversammlung der JUSO Stadt Bern zuhanden der Geschäftsleitung der JUSO Schweiz.
Bern, 5.2.2018