Queerfeminismus
In unserer Gesellschaft werden nicht-männliche Personen und allgemein Menschen, welche nicht der engen patriarchalen Normvorstellung entsprechen, strukturell benachteiligt. Die Stadt Bern muss sich in all ihren Tätigkeiten konsequent für die Auflösung patriarchaler Machtverhältnisse und aller Unterdrückungssysteme einsetzen. Dabei muss sie auch eine intersektionale Perspektive einnehmen, um die verschiedenen Erscheinungsformen von Diskriminierung identifizieren und diese auch bei mehrfachem Vorhandensein effizient bekämpfen zu können. Durch die Wechselwirkung zwischen Unterdrückungssystemen untereinander und kapitalistischer Ausbeutung können diese nicht separat, sondern nur als Ganzes bekämpft werden.
Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit
Diskriminierende Verhaltensweisen und die ungleiche Verteilung von Macht sind keine Naturgesetze, sondern werden uns von klein auf beigebracht und stammen aus Unterdrückungssystemen, welche überwunden werden müssen. Es bedarf hierfür unter anderem der Vermittlung von antidiskriminierenden Inhalten beim Personal des öffentlichen Dienstes und im Bildungswesen, sowie mehr gesellschaftlicher Sensibilisierung. Die städtischen Dienstleistungen müssen ebenfalls entsprechend angepasst werden. Deshalb fordern wir als JUSO:
- Kostenlose Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrpersonen, Gesundheitspersonal und Beamt*innen;
- Den Einsatz auf kantonaler Ebene dafür, dass solche Angebote auf Arbeitszeit besucht werden können;
- Jährliche Kampagnen von der Stadt Bern mit betroffenen Organisationen und Personen;
- Den Geschlechtseintrag bei städtischen Dokumenten zu streichen und wo relevant durch einen dritten zu ergänzen.
Gesundheitspolitik
Der gleiche Zugang zu Gesundheitsleistungen muss für alle gegeben sein. Insbesondere für Menschen mit tiefem Einkommen, ohne gesicherten Aufenthaltstitel und ohne Wohnadresse ist dies heute noch nicht der Fall. Zudem müssen die spezifischen medizinischen Anliegen von queeren Menschen, vor allem von trans Personen, explizit bedacht werden. Deshalb fordern wir als JUSO:
- Einen kostenlosen stadtärztlichen Dienst mit tiefen bürokratischen Hürden, der insbesondere für Menschen ohne Aufenthaltstitel und FINTA-Personen zugänglich ist;
- Kostenloses STI-Testing und Impfungen für alle;
- Ein queerfeministisches Gesundheitszentrum mit entsprechend gestalteten Bildungs- angeboten, Beratungen und medizinischen Leistungen;
Familienpolitik
Die Familienpolitik der Stadt Bern richtet sich bis anhin allein nach dem Modell einer monogamen, romantischen Zweierbeziehung mit Kindern, was der gelebten Vielfalt des Zusammenlebens nicht entspricht. Diverse Familienmodelle wie Wahlfamilien oder Zusammenschlüsse von Eltern, die in keiner romantischen Beziehung zueinander stehen, müssen endlich Anerkennung und rechtlichen Schutz erhalten und in allen Bereichen städtischer Politik mitgedacht werden. Unabhängig von der Beziehungsform leisten Frauen weiterhin den mit Abstand grössten Teil der Care-Arbeit und dies meistens unter- oder unbezahlt. Care-Arbeit muss als gesellschaftliche Aufgabe verstanden werden! Deshalb fordern wir als JUSO:
- Bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum für alle Formen des Zusammenlebens;
- Die Berücksichtigung der Realitäten nicht-normativer Familien und nicht-monogamer Beziehungen bei familienpolitischen Massnahmen;
- Kostenlose städtische Kinderbetreuung für alle.
Öffentlicher Raum
Der öffentliche Raum muss für alle zugänglich werden. Insbesondere die Bedürfnisse und das Sicherheitsgefühl von Frauen und queeren Menschen müssen hierbei berücksichtigt werden, denn patriarchale Gewalt im öffentlichen wie auch im privaten Raum ist leider immer noch eine bittere Realität. Diese Gewalt muss sowohl durch direkte Massnahmen wie auch durch zusätzliche Schutzräume bekämpft werden. Gleichzeitig fehlt es an Plätzen in Notschlafstellen und Frauenhäusern, die zudem unzureichend auf die Bedürfnisse von mehrfachdiskriminierten Menschen wie zum Beispiel migrantischen Queers ausgerichtet sind. Ebenfalls ist die Anzahl kostenloser öffentlichen Sanitäranlagen ungenügend. Queere Jugendliche sind durch potenziell queerfeindliche Eltern und die Abhängigkeit zwischen ihrem Wohnraum und dem Verhältnis zu ihren Eltern einem höheren Risiko ausgesetzt, obdachlos zu werden. Die Stadt ist auch hier in der Pflicht, die nötige Infrastruktur und Ressourcen beispielsweise für Projekte wie die Pluto-Jugendnotschlafstelle bereitzustellen. Deswegen fordern wir als JUSO:
- Einen Ausbau kostenloser Sanitäranlagen für alle im öffentlichen Raum sowie die Ausstattung dieser mit Hygiene- und Menstruationsprodukten;
- Eine städtische Jugendnotschlafstelle durch eine Lösungssuche mit Pluto;
- Die sofortige Umsetzung der im Stadtrat beschlossenen FINTA-Notschlafstelle;
- Einen Aktionsplan gegen Hate-Crime;
- Vermittlungen, Förderungen und Zugänglichmachen von Schutz- und Begegnungs- räumen für queere und FINTA Geflüchtete.
Kultur
Die Stadt Bern schreibt in der Kulturstrategie 2017-2028, dass die Vielfalt unter den kulturellen Akteur*innen gefördert werden soll. Geschlecht wird als Faktor betont, doch es fehlen genügend griffige Massnahmen bezüglich queeren Menschen. Finanzielle und administrative Unterstützungen müssen auch auf die Bedürfnisse von FINTA Kulturschaffenden ausgerichtet werden. Bereits existierende Räume sollen zugänglich gestaltet und zusätzliche geschaffen werden, damit die queerfeministische Kultur in der Stadt Bern weiterhin einen Platz hat. Deshalb fordern wir als JUSO:
- Von der Stadt Bern unterstützte oder geförderte Kulturinstitutionen sollen Rechenschaft darüber ablegen, inwiefern sie FINTA Personen fördern und Hürden abbauen;
- Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von Sexualität und Geschlecht im Kulturbereich, die zusammen mit Kulturinstitutionen erarbeitet werden;
- Antidiskriminierungsmassnahmen und Schutzräume im Ausgang sowie die Schaffung zusätzlicher sicherer Ausgangsorte;
- Die Förderung der Errichtung von queerfeministischen Begegnungsorten in der Stadt Bern, ähnlich wie dies das Regenbogenhaus oder das Streikhaus in Zürich bieten.