Finanz- und Wirtschaftspolitik
In der Schweiz haben Gemeinden einen gewissen Spielraum, wenn es um ihre Finanzpolitik geht, wobei sie jedoch stärker als die Kantone oder der Bund eingeschränkt sind. In den letzten Jahren haben die Rechten in der Stadt Bern verstärkt Angstmacherei-Kampagnen durchgeführt, um ihre Sparfantasien beliebter zu machen. Dies entspricht dem typischen neoliberalen Teufelskreis: Zuerst werden die Staatsausgaben gekürzt, um Steuersenkungen (von denen vor allem die Reichsten profitieren) durchzuführen. Danach werden die staatlichen Angebote durch Unterfinanzierung als „ineffizient“ dargestellt. Diese angebliche „Ineffizienz“ wird dann als Grund für weiteres Sparen genutzt und das Ganze wiederholt sich. Diese sogenannte Austeritätspolitik schadet allen Arbeiter*innen und vor allem den zusätzlich systematisch Diskriminierten, die auf städtische Unterstützung und Schutz vor Unterdrückung und Überausbeutung angewiesen sind.
Der interkommunale Steuerwettbewerb nach unten, der in den letzten Jahrzehnten ein enormes Ausmass angenommen hat, trägt stark zu dieser Sparpolitik bei. Die Gemeinden senken bei guter Finanzlage ihre Steuern, um Reiche anzulocken und denken dabei oft nur an kurzfristige Einnahmen. Langfristig verlieren dabei jedoch alle Gemeinden an Einnahmen, da sie nur begrenzte steuerliche Autonomie haben. Am Ende sind die mit Abstand grössten Profiteur*innen die Reichsten, welche überall weniger Steuern zahlen müssen. Bei dieser Steuersenkungsorgie macht die Stadt Bern glücklicherweise nicht mit. Trotzdem ist sie weiterhin stark davon betroffen und auch linkere Stimmen äussern Angst vor Steuererhöhungen, weil Arbeitsplätze und Firmen verloren gehen würden. Als JUSO finden wir, dass wir uns insbesondere in einer linken Stadt nicht von Kapitalist*innen erpressen lassen dürfen. Stattdessen müssen wir eine mutige Finanz- und Wirtschaftspolitik betreiben, die alle Mittel nutzt, um eine Alternative anzubieten und sich dafür einsetzt, dass sie mehr finanzielle Mittel und Instrumente zur Verfügung erhält.
Die letzten Jahre zeigten, dass die Stadt Bern finanziell viel besser dasteht, als von bürgerlichen Medien, rechten Stimmen oder vom Gemeinderat behauptet wird. Trotzdem werden jährlich die Einnahmen viel zu konservativ geschätzt, um danach durch Drohungen von „zu grossen Defiziten“ die Verzögerung zahlreicher Investitionen zu legitimieren. In der Realität ist genau solche zurückhaltende Finanzpolitik absolut unverantwortlich. Erstens, weil die Einwohner*innen im Hier und Jetzt materielle Verbesserungen brauchen. Zweitens, weil mit der Zeit die Investitionen bzw. das Abfedern der Folgen fehlender Investitionen nur noch teurer werden. Zusammen mit dem Grünen Bündnis lancierten wir dieses Jahr die „Klimagerechtigkeitsinitiative“, welche dabei helfen soll, die nötigen Einnahmen für einen klimagerechten Umbau der Stadt Bern einzuholen. Das Geld für Investitionen muss nämlich eingeholt werden, ob durch Schulden (wobei hier der Kanton Bern ein schädliches Maximum aufzwingt) oder durch Steuererhöhungen, wobei vor allem der Steuerfuss für juristische Personen erhöht werden soll.
Um mehr Unabhängigkeit von der Privatwirtschaft zu gewinnen und uns so vor weiterer Erpressung zu schützen, muss die Stadt Bern ihren Einfluss in der städtischen Wirtschaft stärken. Nicht nur im ÖV oder der Energiewirtschaft, sondern auch in anderen Bereichen wie z.B. bei der Essensversorgung, in der Kinderbetreuung oder im Bau könnten städtische Betriebe eingesetzt werden anstatt des Outsourcings des Service Public. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft, zum Beispiel durch das Errichten von preisgünstigen städtischen Reparaturwerkstätten. Dazu gehört ausserdem, dass städtische Betriebe unter partizipative und demokratische Kontrolle ihrer Arbeiter*innen und der Stadtbevölkerung gestellt werden müssen. Anstatt dass der Gemeinderat alleine über den Einsatz von Führungspersonal oder die Strategie von städtischen Betrieben entscheidet, sollen die Arbeiter*innen und die Stadtbevölkerung in diesen Betrieben mehr Einfluss erhalten. Die Angestellten sollen entscheiden können, in welche Richtung sich der Betrieb entwickeln soll und wer diesen leitet, solange dies den Vorgaben der Stadtbevölkerung entspricht.
Zur Ausweitung der Mitsprache der Stadtberner Bevölkerung in der Wirtschaft und bei den Finanzen gehört auch die Enteignung und Abschaffung der Burgergemeinde. Ein Drittel des städtischen Grund und Bodens, zahlreiche Wälder, Immobilien sowie kulturelle Institutionen wurden 1852 durch eine Vereinbarung zwischen der Einwohner*innengemeinde und der Burgergemeinde der Stadtbevölkerung ohne Gegenleistung entzogen. Diese Vermögenswerte müssen an die Einwohner*innengemeinde Bern rückgeführt und dadurch der demokratischen Kontrolle der Stadtbevölkerung unterstellt werden. Die Burgergemeinde, welche sich heute als Stiftung für das Allgemeinwohl inszeniert, gehört als undemokratische und privilegierte Machtinstitution schon lange aufgelöst.
Als JUSO kämpfen wir für eine sozialistische Welt, in der die gesamte Wirtschaft den Arbeiter*innen statt dem Kapital gehört, und setzen uns auch in Bern für die Erreichung dieses Zieles ein!
Zusammenfassend fordern wir als JUSO:
- Keine weiteren Sparmassnahmen und die Annullierung der bereits durchgeführten;
- Eine aktivere Kooperation mit anderen Gemeinden in der Schweiz gegen weitere Steuersenkungen, bei denen langfristig alle Gemeinden verlieren;
- Eine mutige linke Finanzpolitik, welche sich von Bürgerlichen nicht einschüchtern lässt und die nötigen Investitionen so schnell wie möglich durchführt;
- Bei Bedarf für die Stadtfinanzen eine Steuererhöhung für juristische Personen;
- Unterstützung von genossenschaftlich und demokratisch geführten Betrieben;
- Die Erweiterung vom Einfluss der Stadt Bern in der Wirtschaft durch Gründung von neuen städtischen, partizipativen Betrieben statt Outsourcing;
- Eine Abschaffung beziehungsweise Lockerung der kantonalen Obergrenze für die Verschuldung von Berner Gemeinden;
- Die Demokratisierung aller städtischen Betriebe in Form der Übergabe der Kontrolle und Leitungswahl an Arbeiter*innen unter Einhaltung städtischer Vorgaben;
- Die Auflösung der Burgergemeinde und Rückführung ihres Vermögens an die Einwohner*innengemeinde Bern.